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Rezensionen:

 

Brillant geschriebene Studie mit dem Unterhaltungswert eines echten Schmökers.

(Verlagswerbung)

 

Michael Striss ist evangelischer Pfarrer – und ausgewiesener Cinephiler. Sein erstes Buch hat er zur Serie COLUMBO verfasst. Nun legt er ein umfangreiches (700 Seiten!) Werk zu seinem Lieblingsgenre vor: dem Italowestern. Unter dem selbsterklärenden Titel GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT. MOTIVE, SYMBOLE UND RELIGIÖSE BEZÜGE IM ITALOWESTERN (Büchner Verlag) untersucht er mit akribischem Detailwissen 480 europäische Western und bietet eine bislang unerreichte Phänomenologie dieser Spielart. Das Ganze erinnert in diesem Umfang an die kulturanthropologischen Bücher von Hans-Peter Duerr: Striss erläutert die Motive und Typen an unzähligen konkreten Beispielen, geht auf Varianten und Verfremdungen ein und liefert ein Kompendium, bei dem Italowesternfans das Herz aufgehen durfte. Analytisch ist das Buch vor allem im theologischen Bereich. Hier erläutert Striss kenntnisreich die religiösen Bezüge im italienischen Genrekino. Filmwissenschaftlich analytisch hingegen wird nicht argumentiert, eher filmphänomenologisch und filmhistorisch, auch wenn wir unzählige Fußnoten und Literaturhinweise bekommen. Als Bonus finden sich noch eine persönliche Liste empfehlenswerter Western sowie farbige Bildtafeln mit angemessen reproduzierten Filmfotos. Zudem ist ein Buch, auf dem KEOMA bereits auf dem Titel prangt, grundsätzlich von Interesse. Als Handbuch für den Western- und Genreliebhaber ist es eine klare Empfehlung. Und wer sich für Film und Mythos interessiert, findet hier zumindest zahlreiche Anregungen und Beispiele für eine weiterführende Beschäftigung. GNADE SPRICHT GOTT ... ist ein schönes Buch, das lange und viel Freude bereitet – man kann es als Handbuch nutzen oder lesen wie einen Roman. Und selbst der eingeweihte Fan des Italowesterns wird hier noch die eine oder andere Perle entdecken.

(Prof. Dr. Marcus Stiglegger, Filmwissenschaftler, Filmemacher und Musiker, DEADLINE Nr. 70, 07/08/2018)

 

Sergio Leones filmische Bezüge zur christlichen Symbolik sind nachhaltig in verschiedenen Bildern manifestiert. (...) Leone, wie auch viele seiner Kollegen – Sergio Sollima, Enzo G. Castellari, Sergio Corbucci und Tonino Valerii, um nur eine Handvoll der wichtigsten zu nennen – sind als zumeist italienische oder spanische Landsmänner stark im christlichen Glauben verwurzelt, sodass ausdrückliche Motive, Symbolik und religiöse Bezüge im Italowestern, so der Untertitel des hier besprochenen neuen Buches, in ihren Werken zu finden sind. Zwar waren immer auch soziopolitische Bezüge im Genre des Italowestern vorhanden, doch gerade inszenatorisch – auf grafisch greifbarer Ebene – sind die eindeutigen Zeichen, die visuellen Codes von religiöser Bedeutung oftmals ungleich faszinierender. So ist bereits im Klappentext auf der Rückseite des von Autor Michael Striss verfassten Werks zu lesen: "Der Leser begegnet auf diesem Streifzug Huren und Heiligen, wahren Teufeln ebenso wie Racheengeln oder messianischen Erlöserfiguren. Er erlebt Passion, Kreuzigung, Auferstehung, aber auch die Hölle und das göttliche Endgericht."

Striss, Autor dieses inklusive aller Anhänge knapp 700 Seiten starken Buches GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT, ist praktizierender evangelischer Pfarrer. Er schrieb sein erstes Buch über einen der berühmtesten Filmdetektive: COLUMBO – DER MANN DER VIELEN FRAGEN (2007). Seine berufliche Tätigkeit und Erfahrung versetzte ihn in die höchst fundierte Lage, nun eine schrittweise, akribische Abhandlung über religiöse Bezüge im Italowestern vorzulegen. Das Werk ist dabei bereits im Inhaltsverzeichnis merklich detailreich, die Hauptabschnitte des Buchs (sieben an der Zahl) sind in jeweils nummerierte Kapitel und diese wiederum in Unterkapitel mit Seitenzahlverweisen untergliedert. So ist ein Schnellzugriff etwa aller zwei Seiten gewährleistet, was mir persönlich als Leser schon einmal sehr gut gefällt und mich in dieser Untergliederung stark an das Buch der Bücher, die Bibel selbst erinnert hat.

Filmbibel trifft es ganz gut, denn es erwartet den Leser sehr viel Text – was ja auch gut ist. Zwar gibt es 40 (wieder eine biblische Summe) farbige Abbildungen, die treffend den argumentativen Inhalt veranschaulichen, doch liegt die Stärke des Buches eindeutig in akribischer, schriftlicher Information: 480 Filme wurden für diese im deutschsprachigen Raum bisher keineswegs derart ausführlich dokumentierte Herangehensweise gesichtet. Von Vorwort bis Anhang ist auch die persönliche Verbindung des Autors zum Filmgenre zu erkennen. Eine filmwissenschaftliche Analyse im engeren Sinne liegt hiermit nicht vor, genretheoretische Überlegungen wie auch eine Nachzeichnung der spezifischen Autorenhandschrift der Regisseure erfährt der Leser nur am Rande. Stattdessen ist die Leitfrage die theologische – dabei schmackhaft aufbereitet und trotz der vielen Information alles andere als trocken. (...) Striss schafft etwas Seltenes: in einem doch recht populären Genre eine bisher nicht in dieser Ausprägung beschriebene Facette aufzutun. Das ist sehr spannend, gerade wenn man bei erneutem Ansehen vieler dieser (Meister-)Werke mit noch aufmerksameren, ja geläuterten Augen zuschaut. (...)

Für Liebhaber des Italowestern, aber auch Interessierte am Spannungsfeld Film/Theologie ist GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT als absolute Empfehlung zu sehen. Ein Buch, das wohl bald als Standard bildlicher Untersuchungen von Motivik und Symbolik im Spielfilm gelten wird. Amen.

(Stefan Jung, Film- und Medienwissenschaftler, www.fluxkompensator.de) 

 

Es ist beeindruckend, wie nah der Autor an den Filmen bleibt und wie souverän er insgesamt mit dem Genre umgeht. Basisliteratur.

(Hans Helmut Prinzler, Filmhistoriker und Publizist, ehemals Vorstand der Stiftung Deutsche Kinemathek, www.hhprinzler.de)

 

Mit Hilfe von zahlreichen Filmbeispielen schlüsselt der Theologe Michael Striss in seinem Buch "Gnade spricht Gott – Amen mein Colt" diese christliche Symbolik auf. Dabei entdeckt er allerhand theologische Grundthemen bei den katholisch geprägten Italienern, welche die Filme in den 1960er- und 1970er-Jahren massenweise herunterkurbelten. (...) Deswegen ist seine Analyse auch als Einladung an Genrefans zu verstehen, mehr in der Bibel zu lesen.

(Michael Müller, PRO Medienmagazin Nr. 4/2018)

 

Es ist mehr oder weniger anerkannt, dass der klassische amerikanische Western bis in die 60er Jahre hinein eine Art amerikanischer Heimatfilm war. Was aber war dann der ab den 60ern auftretende "Western all’italiana", außer dass er ein kommerzielles Erfolgsrezept war mit dem einen oder anderen künstlerischen Achtungserfolg? Michael Striss hat in seinem Buch "Gnade spricht Gott – Amen mein Colt" das Genre des Italo-Western theologisch gedeutet und präsentiert uns einige interessante Einsichten.

So erfahren wir, dass der klassische amerikanische Western von einem pragmatischen Christentum geprägt ist, mit dem sich die Verheißung eines neuen Jerusalem im Westen nachvollziehen lässt. Hier spiegelt sich die Lehre der sogenannten doppelten Prädestination, die dem Calvinismus entstammt: Der Weg guter Menschen ins Paradies ist damit von vorneherein festgelegt, doch ist es deren Aufgabe, sich "durch Fleiß, Askese, Tugendhaftigkeit und ein moralisch einwandfreies Leben Gewissheit darüber zu verschaffen, ob er zu den von Gott erwählten gehört". Damit erklärt sich auch die strenge Unterteilung von Gut und Böse in vielen dieser Filme.

Auch der italienische Western hat eine christliche Prägung, aber sie ist völlig anderer Natur: Der Italo-Western spiegelt das Menschenbild der Bibel wider, welches laut Striss nüchtern und desillusionierend, gleichwohl aber realistisch ist. Im Italo-Western steht der fehlerhafte Mensch nach dem Sündenfall im Zentrum, der den Überlebenskampf innerhalb der gefallenen Schöpfung ausficht, jedoch nicht in der Lage ist, sich selbst zu erlösen, auch wenn er es stets aufs Neue versucht. Nur die Gnade Gottes kann Rettung bieten. (In den Filmen warten wir jedoch zumeist vergeblich darauf.) Erwähnt werden sollte auch, dass die Institution Kirche im Italo-Western deutlich schlechter abschneidet als im amerikanischen Ur-Western, da auch die Kirche von menschlicher Fehlbarkeit durchsetzt und korrumpiert ist.

Spannende theologische Gedanken. Mit der Zeit wird Michael Striss zwar etwas repetitiv, aber das ist auch seiner Gründlichkeit geschuldet. So zählt er für jede Beobachtung zig Filmbeispiele auf, die sich oft bis ins Detail ähneln, so dass nach einiger Zeit Querlesen angeraten ist. Auch teile ich nicht die Denkweise von Striss, wenn er beispielsweise die Bedeutung der christlichen Symbole als notwendig für den Zusammenhalt der Gesellschaft sieht. Recht gebe ich ihm allerdings, wenn er behauptet, dass es gewinnbringend ist, biblische Symbole und Zusammenhänge zu kennen und zu erkennen.

Sehr schön auch Michael Striss‘ Favoritenliste, die sich zwar in vielen Punkten nicht mit meinen Favoriten deckt, aber trotzdem als Anregung für viele bereichernde Filmabende dienen kann.

(Christian Muschweck, www. Comicgate.de)

  

Das lesenswerte Buch von Michael Striss zeigt, dass auch in Büchern über Italowestern mit Erwähnungen von Karl May zu rechnen ist.

(Frank Werder, Karl-May-Nachrichten Nr. 197, III/2018)

 

Lettern pflastern seinen Weg: Pfarrer Michael Striss ist mit "Gnade spricht Gott – Amen mein Colt" ein großer Wurf gelungen

Als karge, staubige Wüstenlandschaft, wie sie der Italowestern nicht scheußlicher kreieren könnte, empfinde ich mitunter die deutsche Filmbuchlandschaft. Dass die jahrelang geschriebene Herzensangelegenheit des Michael Striss, 670 Seiten stark, hier einen Verlag findet – ist es ein Wunder, hatte vielleicht der HERR seine Finger im Spiel? Ob man an diesen nun glaubt oder nicht: Striss‘ Untersuchung über "Motive, Symbolik und religiöse Bezüge im Italowestern" ist ein Lesevergnügen der besonderen Art. Vorwort und das Titelbild des am Wagenrad "gekreuzigten" Keoma (Franco Nero) aus dem gleichnamigen Film geben den Schwerpunkt der religiösen (eigentlich müsste es "christlichen" heißen) Bezüge vor. Gleichwohl verfährt Striss nach dem Motto "Das Beste kommt zum Schluss" und geht gerade in den Anfangskapiteln weit über das Christliche hinaus. Nichts weniger als eine in Tiefe wie Breite gehende Analyse eines ganzen Genres soll es sein, eines extrem produktiven Genres zudem. Es geht um die typischen Rollen von Mitwirkenden, einschließlich der Nebenfiguren (Geistliche, Frauen, Kopfgeldjäger, Gesetzeshüter, Bestatter, Ärzte, Barbiere, fahrendes Volk); ferner um Topographie, Konfliktfelder (Rache, Bedeutung von Geld, Familienprobleme, Klassenkampf, Rassismus u.a.), Requisiten und Rituale von Waffen bis Pokerkarten (was nicht zwingend ein Unterschied ist!). Obwohl schon zuvor mit deutlichen christlichen Verweisen und Deutungen durchsetzt, lautet erst das auf S. 445 beginnende Kapitel: "Spezifisch christliche Themen und Traditionen". Dass Striss Humor hat, aber seinen Glauben auch ernst nimmt und gleichzeitig ein leidenschaftlicher Film-Enthusiast ist, stellt sich u.a. an Schlusspointen wie seiner Selbstbeschreibung als "Hier sehe ich, ich kann nicht anders" heraus – das "Hier stehe ich…" Luthers nur um einen Buchstaben abgewandelt. Und wenn am Ende zwar nicht zehn Gebote oder 95 Thesen, aber immerhin zehn Thesen stehen, untermauert Striss einen (auch interdisziplinären) wissenschaftlichen Anspruch. Zudem gibt es einiges zu schmunzeln, wenn der Autor immer wieder den Bezug zu Filmtiteln (seien es die Originale oder die gelegentlich wahllos pseudo-übersetzten deutschen) sucht, ohne dass dies erzwungen wirkt. Da wird aus Lucio Fulcis "Ein Zombie…" auf einmal "Ein Toter hing am Glockenseil" (Fulci hat tatsächlich auch einen bemerkenswerten Italowestern gedreht). Da sind die rollenbildenden Protagonisten tatsächlich "the Good, the Bad und the Ugly". (...)

Es war vom wissenschaftlichen Anspruch die Rede, und den kann Striss auch einlösen, zudem verständlicher schreiben als etwa ein Georg Seeßlen oder Ivo Ritzer. Man bemerkt ohnehin durchweg das breite theologische Wissen, gepaart mit, pardon, Passion im Sinne einer Leidenschaft, die auch begeistert, den Autor wie den Leser. Alles andere hat er sich angeeignet, verfügt auch kultur- und speziell filmwissenschaftlich über einen breiten Anmerkungsapparat wie über ein eigenes Profil. Grad auch dies wird im Fazit deutlich, in dem er ausdrücklich der Versuchung widersteht, aus einem Genre mehr herauszuholen, als je drin war. Man muss ganz klar sagen, und nichts anderes tut Striss, dass Italowestern Massenware zur Unterhaltung waren, oft blitzschnell und mit geringem Aufwand heruntergekurbelte Streifen, nicht wenige mit entsprechender Qualität. Gleichwohl bedeutet Medienwissenschaft m.E. eben auch, aufzuzeigen, was diese Filme nur halb bewusst und gewollt reflektieren. Striss begreift sie als Produkte ihrer Zeit, ihres Ortes, ihrer Kultur, ihrer Begleitumstände. Der US-Western war im Niedergang, die zur Verfügung stehenden europäischen Landschaften und die südländischen Darsteller eigneten sich eher für das US-/mexikanische Grenzgebiet, katholische Tradition traf auf linke Sozialisation, und nicht zuletzt die niedrigen Budgets zwangen zu Beschränkungen, die davon losgelöst Aussagen eigener Art kreierten. So führte zum Eindruck des Verkommenen, Unglamourösen, dass prächtige Pferde in großer Anzahl kaum zu sehen waren und der (Anti-)Held lieber Staub fraß als im Sattel thronte. Und – hier ist wieder eine Verbindung zur Theologie – es geht zwar im Dialog andauernd um die Jagd nach dem Mammon. Aber man sieht nie die Pracht desselben oder etwa, was der Fremde ohne Namen (im Deutschen "Joe") sich gönnt, mit seiner Handvoll Dollar oder ein paar Dollars mehr…

Die ganze Bandbreite des umfassenden Werks wiederzugeben, würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Kennern des Genres wird schon anhand der Titel und Namensgebungen aufgefallen sein, was Striss eine wahre Fundgrube ist: Da wimmelt es von Vaterunsern, Hallelujas, Apokalypsen, Beichten, Beten, Trinitäten, Spiritos Santos und was weiß ich. Das Böse des Italowestern ist oft die Widerspiegelung einer bereits verlorenen Welt am Abgrund oder eben kurz vor dem jüngsten Gericht. "Welt ging verloren, Christ ist geboren", wie Striss ohne jeglichen Anflug von Kitsch zitiert und uns wieder in Erinnerung ruft, was wir da eigentlich im Lied "O du fröhliche" singen. Die Welt ist schlecht. Die Hölle ist manchmal bereits auf Erden da (wörtlich in einer der besten Italowestern-Reverenzen, Clint Eastwoods ebenfalls im Buch behandelten "Ein Fremder ohne Namen"). Übrigens in einer Weise, in der sich der Pfarrer (Striss) und der atheistische Verfassungsjurist (Rezensent) sehr nahe sein können. In "Leichen pflastern seinen Weg" beschreibt Striss diese verkommene Endzeit-Welt treffsicher, mit Argumenten, die auch mir aus eher staatstheoretischer Perspektive immer sehr nahe gestanden hatten: Der Kopfgeldjäger und der Sheriff führen absurd-bürokratische Gespräche über Zuständigkeitsbezirke und Rechtsregeln, das Barbarische ist komplett rechtlich eingehegt, die Kopfprämien werden beamtenkorrekt dokumentiert und am Ende, so auch Striss, ist nichts formell Unrechtmäßiges geschehen. Was für mich eine beißende Kritik am "formellen Rechtsstaat" ist, in dem alles in Ordnung sei, solange es nur auf korrekt angewendeten Gesetzen beruhe, ist auch Striss aus religiöser Sicht zuwider. Und so zeigt dieses Buch, was es eben beileibe nicht nur für Christen lesenswert macht: Werte sind wichtig. Diese drei Worte mögen abgedroschen klingen und in einem Italowestern mit einem Gebet eines Colts zunichtegemacht werden. Aber dass ein gemeinhin als äußerst zynisch und amoralisch gebrandmarktes oder gepriesenes Genre darauf hinausläuft, das ist schon etwas Bemerkenswertes. Striss hat dies und vieles andere bestechend herausgearbeitet. (...)

Ein Wälzer, den man nicht so einfach umpusten kann, den man aber unbedingt lesen sollte. Abgerundet durch hervorragende Register und farbige Abbildungen, wenn auch nicht im großen Hochglanzformat. Aber ein glänzendes Werk liegt vor!

(Prof. Dr. Tonio Klein, Staats-, Verfassungs- und Europarechtler, gekürzt in DEADLINE Nr. 71, 09/10/2018)

 

Rache, Habgier, Völlerei - So unterhaltend wie erhellend: Michael Striss hat den Italowestern auf seine religiösen Bezüge untersucht

Zwischen, alphabetisch gesehen, 2 x JUDAS und ZWEI LINKS, ZWEI RECHTS UND HALLELUJA listet Michael Striss insgesamt 185 Italowestern auf, deren Filmtitel einen religiösen Bezug aufweisen. Wir können annehmen, dass dies nichts mit der Fantasie deutscher Verleihtitelerfinder zu tun hat; und wir können sicher sein, dass Striss sich diese Filme und noch viele mehr tatsächlich angesehen hat. Auf der Sichtung von insgesamt 480 "Spaghettiwestern" fußt seine umfangreiche Untersuchung des Subgenres - ein immenser Korpus zwischen Hochqualität und Niedrigtrash, aus dem Striss seine Kenntnisse und Erkenntnisse zieht. Es geht ihm um den Bezug der Theo­logie zur italienischen Version des ameri­kanischen Urgenres; zunächst aber und vor allem ist sein 670 Seiten starkes Buch "Gna­de spricht Gott - Amen mein Colt" eine sehr genaue Charakterisierung dieser Genre­variante, die gleichzeitig Dekonstruktion wie Erneuerung des Westerns war.

Striss geht ein auf die Ästhetik und die Musik - Leone und Morricone hat er sein ganz persönliches cineastisches Erweckungserlebnis im Ostberliner Kino "Kos­mos" im Jahr 1981 zu verdanken. Er geht ein auf die Figuren zwischen hässlich, böse und gut - wobei "gut" ohnehin immer nur relativ sein kann in den brutalen, menschenverach­tenden Welten, die der Italowestern zeigt. Von hier aus, von der offensichtlichen Erlösungsbedürftigkeit mexikanischer Dörfer unter dem Druck von Großgrundbesitzern und Gangstern, ist es nur ein kleiner Schritt zu den theologischen Fragen, die sich hin­ter dem Genre auftun: Ironisch, geradezu zynisch wird mit Kirche und Geistlichen umgegangen, mit religiösen Symbolen und biblischen Themen. Doch verstärkt die Etablierung diabolischer, sadistischer Bos­heiten nicht gerade die Notwendigkeit des Guten, vielleicht des Himmlischen?

Der Autor kennt sich aus: Er ist evange­lischer Pfarrer im Rheinland und neben­bei Cineast. Ein Buch über COLUMBO hat er 2007 veröffentlicht; seine Liebe zum Genre­film spricht auch aus seiner Italowestern-Studie, etwa wenn er den Poliziottesco, das zeitgenössische italienische Kriminalkino, zum Vergleich heranzieht. Und er muss die Filme mit dem Stift in der Hand gesehen ha­ben: Detailliert geht er einzelnen Motiven nach, legt Spuren aus, beispielsweise um mörderische Szenen beim Barbier oder um diabolische Geistliche. Ausgehend von der zugeneigten, genauen Betrachtung kitzelt er so religiöse Anspielungen und theologische Themen heraus: Da geht es um gottverlasse­ne Dörfer mit harten sozialen Spannungen, um Laster wie Zorn, Habgier oder Völlerei (die Bohnen von Hill/Spencer!), um Särge, Bibelzitate oder das Heilige Buch selbst, das, am Herzen getragen, eine Kugel aufhält. Und zwischendurch: kleine Exkurse zu Lutheranismus, Calvinismus, Katholizismus, die im Italowestern in feurigem Tanz aufeinandertreffen. Der Nutzwert des Buches liegt nicht nur in der sorgfältigen Aufschlüsselung des Genres, sondern auch an der Auflistung von 91 Italowestern, subjektiv als persönliche Fa­voriten des Autors von "Ausgezeichnet" bis "Sehenswert" geordnet.

(Harald Mühlbeyer, Filmbuch-Verleger, epd Film Nr. 10/2018)

 

Verflucht, verdammt und Halleluja: Lesenswerte Spaghetti-Western-Bibel

Man sollte sich vom Untertitel des Buches nicht fehlleiten lassen: Bei dieser hervorragenden Studie handelt es sich zunächst einmal um eine umfassende Darstellung des Italowestern-Subgenres. Wichtige Protagonisten wie Leone oder Morricone werden vorgestellt, Ästhetik, Dramaturgie, die Protagonisten zwischen gut, böse und hässlich – und erst langsam schleicht sich eine theologische Perspektive ein. Das ist die logische Konsequenz aus der Untersuchung der Motive in Erzählung, Symbolik und Figurenkonstellation: Kaum ein filmisches Genre, so erläutert Michael Striss, ist so durchtränkt von religiösen Elementen wie der Italowestern.

Und er muss es wissen: Als evangelischer Pfarrer praktiziert er seit vielen Jahren im Rheinland; und man kann sich vorstellen, dass es seine seelsorgerische Arbeit eher befruchtet, wenn er sich nebenbei 480 Italowestern reinzieht. Geradezu enzyklopädisch blickt er ins Detail, um aus der Vielzahl an Werken – von hochwertig bis Trash – religiöse Anspielungen und theologische Themen herauszukitzeln: Wenn es um gottverlassene Dörfer mit harten sozialen Spannungen geht, um Todsünden wie Rache, Habgier oder Völlerei (die Bohnen von Hill/Spencer!), um Särge oder Bibelzitate oder das Heilige Buch selbst, das, am Herzen getragen, eine Kugel aufhält: Dann finden sich Bezugsketten zwischen den Filmen, und die erzählen dann einiges über den Menschen zwischen Verdammnis und Erlösung.

Man würde eigentlich auch gerne mal Striss beim Predigen zuhören, da könnte es handfest zugehen.

(Harald Mühlbeyer, Filmbuch-Verleger, ray-Filmmagazin Nr. 10/2018)

 

Ein inspirierendes Sachbuch, Gedanken zur Wiederentdeckung des Italo-Western und was das für uns in der Gegenwart bedeuten könnte

Das Buch von Michael Striss ist in meinen Augen ein Opus Magnum und hat seinen Platz als herausragendes Western-Filmbuch sicher. (…)  In jeder Zeile sind die Leidenschaft und der Spaß des Autors zu spüren. "Gnade spricht Gott – Amen mein Colt" ist eine gelungene Mischung aus einer Einführung in das Genre, aus theologischem Fachbuch und dem Werk eines Fans, der verständlich formuliert, dabei aber immer auch eine kritische und selbstironische Distanz zu seinem Thema wahrt. (…) 

Keiner der dieses Buch liest, wird es bereuen. Es macht Lust, sich zumindest einige Filme des Genres anzuschauen. Es schließt eine Lücke und stellt dabei in einmaliger Weise die Vielfalt und die ernsthaften inhaltlichen Aspekte und Themen des Genres zumindest im deutschsprachigen Raum dar. Was die Erforschung religiöser Motive im Film, respektive im Italo-Western, anbelangt, bringt es Interessierte ein gutes Stück weiter. (…)

Das Buch verbindet eine sehr detailreiche Aufzählung von zentralen und typischen Merkmalen und Topoi des Genres mit einer kenntnisreichen Analyse der wesentlichen Filme und Motive. Es bietet damit einen nahezu perfekten Einstieg für den Neuling wie darüber hinaus gewinnbringende Interpretationen für den Kenner. (…) Der selbstironische und humorvolle Umgang mit dem Thema ist ein Vorzug, er erhöht deutlich den Spaßfaktor der Lektüre. (…) 

Um es salopp zu formulieren: Was die Bibel für den gläubigen Christen ist, das wird das Werk von Striss für alle Menschen guten Willens, die sich mit dem Genre Italo-Western und dem Themenkreis religiöse Motive im Film beschäftigen.

(Wolfgang Luley, Theologe, Autor und Filmexperte, Katholisches Filmwerk Frankfurt/M., www.glaubeaktuell.net)

 

Der evangelische Pfarrer Michael Striss hat einen veritablen Buch-Brocken mit dem Titel "Gnade spricht Gott - Amen mein Colt" vorgelegt. Darin sichtet er Motive, Symbolik und religiöse Bezüge im Italowestern. Man kann über viele Aspekte dieses Wälzers streiten, für den Fan des Italowestern ruft seine additive Methode unendlich viele Szenen des Genres aus längst vergangenen Kino-Nächten oder verblassten Fernseh-Erinnerungen herauf. Und womöglich mal wieder das Verlangen, am Bahnhof eines namenlosen Wüstennestes auf die Ankunft von Harmonika zu warten.

(Herbert Heinzelmann, Medienpädagoge, Nürnberger Zeitung vom 08.02.2019)

 

Bibel und Colt - Italowestern theologisch

Rund 480 Italowestern hat der Theo­loge Michael Striss gesichtet, um die vielen biblischen Themen und Motive von Kain und Abel bis zum verlorenen Sohn aufzuspüren. Mit der Exegese dieser Filme legt er eine beeindruckende Mate­rialfülle vor; sein Engagement ist umso erstaunlicher, als in diesem Genre selten Filme von Rang wie "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Zwei glorreiche Halun­ken" zu finden sind. (…)

Gründlich breitet Striss die Typologie des Italowesterns aus. Er führt alle Facetten vor, vom Heuchler, der nur fromm tut, über den Gierigen, der den Mammon an die Stelle Gottes setzt, bis zu den Hel­den, die auf Colt und Bibel vertrauen oder Bibelverse (nicht immer exakt) und Gebete (nicht immer fromme) auf den Lippen führen. Antikirchliche Affekte werden herausgearbeitet, aber auch po­sitive Kirchenvertreter und Priester nach dem Vorbild der Befreiungstheologen vorgestellt. Oft interpretiert der Verfas­ser Filminhalte vor dem Hintergrund von Bibelstellen, die freilich eher eine allego­rische Funktion erfüllen. (…)

Vieles regt jedoch zur Diskussion auch da an, wo man dem Autor nicht fol­gen mag. Das biblische Menschenbild fin­det er im katholisch geprägten Italowes­tern eher wieder als im "protestantisch-calvinistischen" US-Western, weil Erste­rer das Geschöpf realistisch als gefallenes, erlösungsbedürftiges Wesen zeichne. (…)

Sofern biblische Motive und religiöse Symbole nicht der Religionskritik dienen, erweitern sie positiv den Bedeutungshori­zont, weil das Christentum noch immer einen Rest von Sinn stiftet. Der Italowes­tern stellt sich "mit seiner umfangreichen Rezeption christlich-religiöser Symbolik unbewusst jener fortschreitenden Säkula­risierung der westlichen Welt" entgegen. Kein schlechtes Fazit einer so umfassen­den Studie.

(Roland Mörchen, Theologe und Autor, ZEITZEICHEN Nr. 6/2019) 

 

Bereits die Rahmenbedingungen dieser Publikation lassen aufhorchen: Rund 480 Filme auf etwas weniger als 700 Seiten thematisiert Michael Striss – seines Zeichens zudem nicht Film­wissenschaftler, sondern evangelischer Pfarrer. (…)  Seine These ist, dass das italienische Pen­dant zum amerikanischen Kino par excellence zutiefst in der christlichen Ikonografie verwurzelt sei und so viele religiöse Bezüge aufweise wie kaum ein anderes Genre. (…)

Das Werk stellt aber nicht oder nicht nur eine theologische Lesart des Ita­lowesterns dar, sondern fungiert viel­mehr als umfangreiches Lexikon der für das Genre konstitutiven Elemente. So unterteilt sich das Buch dann auch in Kapitel über seine wesentlichen Protagonist_innen, wiederkehrende Schauplätze, typische Konfliktfelder, Requisiten und Rituale sowie die spe­zifisch christlichen Themen, die in den Filmen verhandelt werden. Dabei begreift Striss den Italowestern expli­zit als Genre – auch wenn man rich­tiger vermutlich von einem Subgenre des Westerns sprechen müsste – und nicht etwa als einen zeitlich und räum­lich umgrenzten Epochalstil, sodass vereinzelt auch Werke wie Clint Eastwoods "High Plains Drifter" (1973) oder Sam Raimis "The Quick and the Dead" (1995) eine Rolle spielen. Kern­stück des Buches sind aber die in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen italienischen Produktionen von Sergio Leone oder Sergio Corbucci etwa.

Das große Verdienst des Buchs ist es nun jedoch, dass es sich nicht mit den mitt­lerweile als Klassikern kanonisierten Werken, vor allem Leones, zufrieden­gibt, sondern wertfrei ein regelrechtes Panorama des Italowesterns entwirft. Durch das weit gefasste Filmkorpus von mehr als 400 Filmen offenbaren sich so eine Vielzahl filmwissenschaftlich bisher kaum beachteter Werke, darun­ter Kuriositäten und Einzelfälle wie das vermutlich einzige Italowestern-Musi­cal "Little Rita nel West" (1968) oder der einzige von einer Frau gedrehte Italo­western "Il mio corpo per un poker" (1968). Daneben finden aber auch Parodien, wie die Filme des Schauspielerduos Bud Spencer und Terence Hill, Erwähnung, ebenso wie es kurze Seitenblicke auf andere europäische Western der Zeit, wie die westdeutsche Produktion "Potato Fritz" (1976) gibt.

Mit "Gnade spricht Gott" liegt im deutschsprachigen Raum nach schon länger nicht mehr erhältlichen Publi­kationen zum Thema wie Ulrich P. Bruckners "Für ein paar Leichen mehr. Der Italo-Western von seinen Anfän­gen bis heute" (Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2006) wieder ein ernst­zunehmendes Nachschlagwerk zum Italowestern vor. Wichtig ist dabei anzumerken, dass es sich allerdings weniger an akademische Kreise als ein interessiertes cinephiles Lesepublikum richtet, wovon sich Filmwisssenschaft­ler_innen allerdings nicht abschrecken lassen sollten. Denn auch wenn Striss in seinem Werk nicht etwa die histo­rische Entwicklung des Italowesterns nachzeichnet oder unterschiedliche Individualstile vorstellt, so versammelt er doch eine beeindruckend detaillierte Sammlung an zentralen Motiven und Themen des Genres, die eine regel­rechte Fundgrube für weiterführende Forschungen zum Thema darstellt. Und dies lässt sein Buch unabhängig von einem spezifisch religiösen Inte­resse an den Filmen relevant werden, auch wenn der Italowestern, wie der Autor kenntnisreich aufzeigt, eigent­lich nicht ohne seine Verankerung in der christlichen Tradition gedacht werden kann.

(Christian Alexius, Filmwissenschaftler und Soziologe, MEDIENwissenschaft Nr. 02/2019)

 

Der evangelische Pfarrer und leidenschaftliche Filmfan Michael Striss untersucht auf 670 Seiten ausführlich die Rezeptur des Italowesterns und geht der Frage nach, warum gerade im Italowestern so viele religiöse Motive, Symbole und andere Bezüge verwendet wurden. Michael Striss formuliert seinen Text dabei allerdings immer in einer Art und Weise, die es auch nicht bibelfesten Lesern erlaubt, dieser interessanten Untersuchung zu folgen.

(Eric Heyse, www.spencerhilldb.de)

 

Wahrlich eine "Bibel des Italowestern".

(Christian Unucka, Dipl.-Psychologe, Verleger für Filmschriften)

 

Der evangelische Pfarrer Michael Striss hat mit GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT den Versuch unternommen, den Italowestern nahezu enzyklopädisch nach Figuren, der Topographie, in der er meistens spielt, nach seinen Konfliktfeldern, aufgrund der Requisiten und Rituale, denen hier immer eine besondere Bedeutung zukommt, und schließlich nach spezifisch christlichen Themen zu untersuchen. Auf Letzterem – dem theologischen Blick auf das Genre – liegt allerdings im ganzen Buch sein Schwerpunkt. Das verwundert einerseits nicht, bedenkt man Striss´ Profession, andererseits aber bietet der Italowestern eine solche Lesart geradezu an, sind die Bezüge zur Religion, der Kirche oder christlichen Ritualen doch Legion, nicht nur in den Titeln.

Striss bietet neben der minutiösen Analyse der oben genannten Felder, die dem erfahrenen Italo-Liebhaber durchaus noch Neues zu bieten hat, wenn auch gerade die Figuren und die Landschaften, in denen sie sich bewegen, geradezu ins Auge stechen und bekannt sind, auch sehr genaue Einblicke in die christliche Theologie, untersucht die Querverweise, die Hinweise und direkten Zitate der Filme bis hin zu echten und falschen der Bibel, er schaut mit dem Blick des Liebhabers auf das Genre und analysiert die kritische Haltung gegenüber der institutionalisierten Religion im Italowestern, erklärt aber zugleich auch, warum dieser nicht per se anti-religiös ist. Gerade hier wird das Zusammenspiel aus pessimistischem Weltbild, einer eher linken politischen Haltung vieler Filmemacher, einer kritischen Einstellung gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft und einem letzten Rest an Hoffnung auf Erlösung überdeutlich. Daß Figuren wie Django Erlöser-Charakter haben, vermittelt sich auch dem unbedarften Zuschauer, wie sie einzuordnen sind, erklärt Striss gut nachvollziehbar und ohne eine professionell-paternalistische Haltung eines Kirchenvertreters einzunehmen. Da obsiegt der Film-Liebhaber deutlich über den Geistlichen. (...)

Wirklich interessant sind seine Vergleiche und die Analyse dort, wo er den unterschiedlichen religiösen Grund der Genre-Ableger verortet. Entspringt der klassische Western eher einem calvinistisch-puritanischen, ist der Italowestern zutiefst durch ein katholisches Weltbild geprägt. Daraus leitet Striss nicht nur Erklärungen für die unterschiedlichen Blicke auf den Menschen ab, sondern erklärt auch ebenso eine gewisse Bildsprache – bspw. das Vorhandensein, bzw. Nicht-Vorhandensein christlicher Symbolik – als auch ganz profane Dinge wie die Tatsache, daß im Italowestern ununterbrochen und mit Hingabe gegessen – manche würden sagen: gefressen – wird, während Essen, Nahrungsaufnahme, im klassischen Western selten an Völlerei und also etwas Lustvolles erinnert, sondern eher einer reinen Notwendigkeit entspricht. Solche und ähnliche Vergleiche bietet das Buch zuhauf und diese machen es dann auch wirklich lesenswert.

Striss´ Werk ist eine gute Ergänzung in der noch immer recht übersichtlichen Literatur zum italienischen Western, es ist mit viel Liebe geschrieben, voller Kenntnis des Sujets, es bietet wahrlich erschöpfendes Wissen, nimmt Bezug auf etliche bessere und schlechtere Vertreter des Genres und ist gut zu lesen. Die letzten Kapitel widmen sich dann wirklich ausschließlich dem theologischen Aspekt und könnten als solche auch für sich stehen, da sie einen sehr guten Überblick über christliche Rituale, auch nach-biblische Entwicklungen, Texte und Verbindungen und einen unüberschaubaren Fundus an Bibel- und Apokryphen-Zitaten bieten. Daß der Italowestern im Kontext theologischer Fragen zu analysieren ist, das ist Striss definitiv nicht abzusprechen. So ist GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT eine echte Bereicherung sowohl für den religiös Interessierten, als auch für den Liebhaber einschlägiger Genrefilme.

(Gavin Armour, www.lostinfactsandfiction.de)

 

"Motive, Symbolik und religiöse Bezüge" verspricht Michael Striss im Untertitel sei­ner Abhandlung über ein Genre, das - ge­boren 1964 mit Sergio Leones "Für eine Handvoll Dollar" in einem Vorortkino in Florenz - bisher von der Theologie nur ge­streift wurde, und bietet weit mehr als das. Der Buchtitel bezieht sich auf einen Film, der den wenig verheißungsvollen dt. Verleihtitel "Ringo kommt zurück" trägt. Doch Striss zeigt, dass es lohnenswert ist, sich mit Filmen wie "Ohne Dollar kein Sarg" oder "Vier Fäuste für ein Halleluja" ausein­anderzusetzen - und macht eine Kulturkri­tik daran fest, die sich aus dem Vergleich europäischer mit US-amerikanischen Pro­duktionen ergibt. Für letztere war bis dahin undenkbar, dass der Held am Ende einfach davonreitet, ohne die Frau mitzunehmen; oder die Seite wählt, die gerade am lu­krativsten erscheint, ohne Rücksicht auf Moral und Sitte; der die ohnehin prekäre Unterscheidung zwischen Gut und Böse entweder nie kennengelernt oder verloren hat. Jener zynische Antiheld der Italowes­tern macht deutlich, dass die Welt sehr viel komplizierter ist und jede Hoffnung auf Erlösung vergeblich - zumindest auf der Handlungsebene. Die Welt kann zwar nicht gerettet - ihre Schönheit aber zugänglich gemacht werden über die Gestaltungsmit­tel, die Striss exemplarisch an dem Star unter den Italowestern - "Spiel mir das Lied vom Tod" (hier endlich kommt ein deutscher Titel der Poesie des italienischen näher) - beschreibt. Die Ästhetik dieses Klassikers von Sergio Leone mit seinen langen Einstellungen, Nahaufnahmen von Gesichtern wie Landschaften und der kon­genialen Filmmusik von Ennio Morricone bleibt in dieser Perfektion unerreicht, doch es gibt neben Leones und Corbuccis Filmen weitere sehenswerte Produktionen, die den Großteil des Buches bilden und im Anhang mit vier Kategorien von "ausgezeichnet" bis "sehenswert" vorgestellt werden - über 480 Filme hat sich der Western-Aficionado angeschaut und erschließt die wichtigsten davon.

Noch lesenswerter wäre das Buch gewesen, wenn Striss es gemacht hätte wie fast alle Italowestern und die Sache mit den Frauen einfach ausgelassen. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Jill in Leones Klassiker) bleibt es eine Männerdomäne, woran nichts Verwerfliches ist; doch lässt der Autor es sich nicht nehmen, den we­nigen Western-Frauen zu danken "für eine vergangene Zeit, in der Frauen noch nicht nach Gender-Maßstäben beurteilt wurden, sondern einfach Frauen sein durften" (167). Das Thema der Homosexualität wird mit im Frauen-Kapitel abgehandelt und er­scheint dem Autor wie im Italowestern "als das, was es eigentlich ist: ein Randthema, das eine Minderheit betrifft" (161).

So kann dieses Buch gelesen werden, wie man Western sieht: das Ärgerliche versucht man auszublenden zugunsten dessen, was es bietet: es ist ein reiches Nachschlage­werk (nicht nur) für Italo-Westernfans - ein Genre, das bei aller potentiellen Trivi­alität nie blasphemisch ist und nicht Gott für die desaströsen Zustände menschlichen Zusammenlebens verantwortlich macht, sondern gebrochene Anti-Helden zeigt, die uns den Blick öffnen wollen für see­lische Abgründe, deren Auslotung gerade erst begonnen hat.

(Dr. Inge Kirsner, Privatdozentin für Praktische Theologie, PRAKTISCHE THEOLOGIE Nr. 02/2020)

 

Lang lang ist sie her: die Zeit der Italo-Western. Doch so manches Motiv der Filme bleibt frisch. So zum Beispiel die religiöse Symbolik. An alles zwischen Racheengel und Messiasfigur wird in diesem Buch erinnert und wunderbar eingeordnet. Fleißig.

(Der Sonntag Nr. 7/2021)

 

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